Der dreigehörnte Stier aus Bad-Cannstatt besitzt nur noch die Ansatzpunkte seiner 3 Hörner. Unter dem massigen Oberkörper ist ein bäriger Männerkopf zu sehen. Vergleichbare Darstellungen sind aus Nürtingen, Oberensingen und Rottenburg bekannt. Man verbindet solche Darstellungen mit Flüssen oder Quellen. Die menschliche Gestalt bzw. der Kopf oder allein die Stierfigur wird als Personifikation des Flusses angesehen. In den genannten Orten handelt es sich offensichtlich um den Neckar. Auf die Göttlichkeit dieser ursprünglich keltischen Gottheit weist das dritte Horn. Es ist Zeichen übernatürlicher Kraft, wohl auch der Fruchtbarkeit, denn der Mond hat Einfluss auf das Wachstum der Hörner. Nicht zuletzt brauchte man die Kräfte des Stieres zur Feldbearbeitung.
Fundorte
In Bad-Cannstatt fand man den Stier oberhalb des Neckars am Steigfriedhof nahe des römischen Kastells. In Nürtingen am Osthang des Steinebergs wurden 2 Statuetten von Stieren beim Bahnerweiterungsbau ergraben, der menschliche Kopf fehlt und nur einer besaß 3 Hörner. Wohl am Hang des Aichtals bei Oberensingen fand man ebenfalls eine Stierstatuette mit bärtigem Männerkopf zwischen den Beinen und 3 abgebrochenen Hörnern. Sie stammen wohl aus der gleichen Werkstatt wie die Stiere von Nürtingen. In Rottenburg lag der Stier mit dem Kopf zwischen den Beinen in einem Eichenholzverschlag, der beim Brunnengraben angegraben wurde. In Mainhardt fand man im Kastellgraben ein Altärchen mit einem dreigehörnten Stierrelief, wohl Jupiter als Brustbild im Giebelfeld und eine Person im Kapuzenmantel mit Opferschale neben dem Stier. Das Altärchen stand wohl in der Zivilsiedlung. Weitere Verbreitungsgebiete von Stierdarstellungen sind die Schweiz, Ostfrankreich oder das Neckar,- Mosel, und Oberrheingebiet.
Interpretation
Offensichtlich liegen die Orte der Verehrung des Stieres nicht direkt in der Nähe des Flusses, sondern in Hanglage über dem Fluss. Seine Funktion als Schützer der Quelle oder des Brunnens scheint er in Rottenburg wahr genommen zu haben. Mainhardt liegt zwar auf einer Passhöhe zwischen zwei Flussgebieten, hier kann die Kraft und Fruchtbarkeit des Wassers in Stiergestalt auch nur in einem heiligen Bezirk verehrt worden sein.
Der Stier im Kult
In syrischen, hethitischen, kretischen oder ägyptischen Kulttraditionen steht der Stier für die Kräfte des Wassers, des Überflusses und der Fruchtbarkeit. In den ehemals keltischen Gebieten kann der Stier als Fluss,- Eigen,- oder Stammesnamen auftreten. Hier scheint er nicht nur die Kraft des Lebens, sondern auch die Kraft des Todes in sich vereint zu haben. In der keltischen Mythologie gab es auch gehörnte Schlangen, Eber oder Wasservögel, ja selbst Merkur erschien zuweilen gehörnt. Das Horn scheint nicht nur die übernatürliche Kraft zu versinnbildlichen, sondern auch die Erneuerung der Lebenskraft nach Winter oder Tod und das gleich dreifach.
Menschlicher Kopf unter dem Stier
Folglich könnten die Stierdarstellungen mit bärtigem Kopf unter den Beinen nicht nur als Mischwesen, sondern auch als Lebens- und Todeskräfte interpretiert werden. Vor allem deshalb, weil der Kopf zuweilen fehlt oder meist mit geschlossenen Augen dargestellt wird, wie am Beispiel von Bad-Cannstatt, Nürtingen und Rottenburg. Somit wären auch die bronzenen Stierstatuetten und Steinplastiken ohne Kopfdarstellung unter den Beinen als Lebenskraft und Fruchtbarkeit spendende Tiere zu betrachten, deren Kult man sich nur in Verbindung mit Wasser vorstellen kann.
Die Stierdarstellung des Tarvos Trigaranus auf dem Nautenaltar von Paris trägt 3 Kraniche auf Rücken und Kopf. Dies impliziert möglicherweise die Verbindung des Stieres mit einer weiblichen Gottheit wie etwa im Isiskult oder bei der Sage von Europa auf dem Stier.
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