Der Kopf des Merkur stammt aus Möckmühl, der Merkurtorso aus Güglingen. Beide gehören zu unterschiedlichen Statuen. Als Gott des Handels war er für die Mehrung des Reichtums zuständig. Da aber auch die Diebe gerne Anteil daran hätten, wurde er auch von ihnen verehrt. Er war außerdem Seelenbegleiter in die Unterwelt. Mit Flügelhut – ähnlich dem von Asterix – und Caduceus, dem Heroldstab, den 2 Schlangen gegenläufig umwinden und dem Geldsack steht er alleine oder von Göttin Rosmerta begleitet in den Kultstätten an den Handelsstraßen. Sein Begleittier, der Ziegenbock, weist auf Fruchtbarkeit und damit auf Reichtum hin. Sein unbekleideter Körper ist lediglich mit einem Chlamys über der Schulter bedeckt.
Merkur mit Beinamen
Merkur wird hauptsächlich in den germanischen und gallischen Provinzen verehrt. Zahlreiche Beinamen wie Merkur Visucius oder Merkur Cultor weisen entweder auf eine bestimmte Eigenschaft oder auf die Gleichsetzung mit einer einheimischen Gottheit mit gleicher Wirkkraft hin.
Merkur mit Hirschohren?
Bei genauerer Betrachtung des Merkurkopfes erkennt man leicht, dass er zwar den Hut des Merkur trägt, auch menschliche Ohren in den Haarlocken besitzt, doch die Flügel des Hutes wachsen ihm aus der Stirn und sind nicht an der Kappe befestigt.
Es gibt nur einen, allerdings keltischen Gott mit dem Namen Cernunnos, der trotz menschlicher Gestalt und menschlicher Ohren, Hirschohren und Hirschgeweih besitzt. Er ist auf dem Pariser Jupiter-Pfeiler dargestellt, der im Chor unter Notre Dame gefunden wurde. Tritt er zusammen mit der gehörnten Schlange auf, ist er für die Fruchtbarkeit zuständig. Er ist ein Freund der Schlangen und deshalb Freund der chthonischen Mächte, der Mächte der Unterwelt, die für die Fruchtbarkeit stehen. Auf dem Relief von Reims ernährt er als Gott des Reichtums Hirsch und Stier. Gelegentlich wird er mit einem Geldsack dargestellt. Jan de Vries hält ihn für einen Jahreszeitengott, der die Erneuerung der Erde und damit der Fruchtbarkeit und des Reichtums garantiert. Die Erneuerung drücke sich auch im jährlichen Abwurf des Hirschgeweihs aus.
Merkur – Cernunnos?
Vergleichen wir den Merkurkopf mit Cernunnos, so gibt es einige Übereinstimmungen: Merkur wie Cernunnos haben eine Beziehung zu Schlangen: Merkur im Heroldstab, Cernunnos als Freund der gehörnten und der anderen Schlangen. Merkur trägt einen Geldsack als Symbol des Reichtums, in gleicher Weise wird Cernunnos mit ihm auf einem Relief von Reims dargestellt. Auch den Fruchtbarkeitscharakter des Cernunnos verkörpert Merkur: Sein Begleittier, der Ziegenbock, bezeugt Fruchtbarkeit. Außerdem begleitet er die Seelen in die Unterwelt und garantiert so die künftige Fruchtbarkeit.
Merkur – Esus/Cernunnos
Laut Caesar wird der römische Gott Merkur mit der keltischen Gottheit Esus gleichgesetzt. Offensichtlich variieren die göttlichen Eigenschaften, so dass wie in Oberriexingen, der Hirschgott Cernunnos nun mit Merkur gleichgesetzt werden kann. Beide sind durch ihren Fruchtbarkeitsaspekt Gottheiten der Unterwelt und dadurch auch des Reichtums. Kein Wunder, dass auch die Diebe Merkur verehren oder meinen diese sogar Cernunnos? Das ist unwichtig, denn durch die römische interpretatio romana kann die göttliche Wirkkraft unter beiden Namen verehrt werden. Hauptsache ist, die göttliche Wirkkraft kann sich im Sinne des Bittstellers entfalten.
Religionskriege über die richtige Gottheit kann es nur im Monotheismus geben, in dem der eine Gott auch noch die staatliche Macht legitimiert.
Merkur mit Kultpartnerin
Gottheiten paarweise darzustellen, ist typisch für die Kelten, um ihre göttlichen Verehrung zum Ausdruck zu bringen. Dominiert die römische Anschauung, so tritt Merkur mit Geldsack und Heroldstab alleine auf. Doch auch das kann täuschen, oft schleicht sich das keltische Element in Form einer zweiten, diesmal weiblichen Inschrift auf dem Sockel der Statue ein. Sie wird meist Maia genannt und ist Merkurs Kultpartnerin.
Auf der Statue von Sulz am Neckar sind nicht nur beide Gottheiten dargestellt, sondern, obwohl kleiner, hält Maia den Geldsack in ihrer Hand. Ursprünglich scheint bei ihr der Aspekt der Fruchtbarkeit zu liegen. Je romanisierter der oder die Verehrende ist, wandert der Geldsack, der nicht nur Reichtum, sondern auch Fruchtbarkeit anzeigt, in Merkurs Hand. Keltischem Kunstverständnis entspricht auch der Faltenwurf der Kleidung: eng am Körper anliegend.
Die Statue fand man im Keller eines Hauses im Kastellvicus von Sulz. Es ist unklar, ob die beiden Gottheiten im Keller selbst verehrt oder nur zum Schutz vor Zerstörung dort verwahrt wurden. Immerhin gibt es ein Abwassersystem mit einem runden Bereich in der Kellerecke, das möglicherweise auch für Kulthandlungen benutzt wurde.
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